Wirkungsorientierung in einer sozialen Organisation ist (mehr oder weniger freiwillig) ein Trend.
3 Argumente für Wirkungsorientierung
Drei Gründe, weshalb dies so ist, lassen sich anführen:
- Zunehmender Druck der Kostenträger – meist die öffentliche Hand. Geldgeber möchten wissen, ob das Geld, das sie zur Verfügung stellen, zu Erfolgen führt.
- Neuere Gesetzgebung geht dazu über, den Nachweis der Wirkung in den Vorschriften festzuhalten – so beispielsweise in Deutschland jüngst das Bundesteilhabegesetz (BTHG), das einen Wirksamkeitsnachweis einfordert bzw. einen solchen zur Überprüfung der Organisationen durch den Kostenträger einführt
- Zudem besteht innerhalb der Organisationen immer mehr der Wunsch, die Ergebnisse der Dienstleistungen transparent und nachvollziehbar zu machen – für die Geldgeber, die (potentiellen) Kunden/Klienten, aber auch für die Mitarbeitenden in der Organisation selbst (warum arbeite ich, was ich arbeite – Sinnhaftigkeit der Arbeit).
Änderung der Denkrichtung
Aber: eine solche Planung und Umsetzung bedarf einer grundlegenden Umkehrung der bisherigen Denkrichtung. Es ist nicht mehr ausschließlich zu fragen, woher bekomme ich möglichst viele Ressourcen wie Personal, Geldmittel, Räumlichkeiten etc.. Vielmehr steht der Klient, der Kunde, die Leistungsempfängerin am Anfang des Denkprozesses:
- Was braucht der Klient/Kunde/Leistungsempfänger, um ein definiertes Ziel zu erreichen (Stabilität, Integration, Berufstätigkeit usw.)?
- Wie soll der Zustand einer bestimmten Zielgruppe am Ende meiner Intervention sein?
- Was bewirkt meine soziale Dienstleistung für diese Zielgruppen in der Region, in der Gesellschaft?
- Welchen Beitrag leiste ich mit meiner Organisation generell zur Bewältigung wirtschaftlicher sowie sozial- und gesellschaftspolitischer Herausforderungen?
Schon ist man mittendrin in der Diskussion um Wirkungsziele und Wirkungsmodelle, also mitten in den Fragestellungen:
- Was ist die Wirksamkeit der sozialen Dienstleistung?
- Wie messe ich die Wirkung?
- Wie analysiere und bewerte ich die Erfolge, Misserfolge, Wirksamkeit?
- Welche Effekte und Nebeneffekte wurden erzeugt?
.. und schließlich:
Wie analysiere und bewerte ich die Erfolge, Misserfolge, Wirksamkeit? Welche Konsequenzen ziehe ich daraus?
In der Wirkungsforschung gibt es gegenwärtig viele unterschiedliche Zugänge, Verfahren und Instrumente, die sich grob in einerseits betriebswirtschaftliche und damit kennzahlenorientierte Ansätze (Performance Measurement) und andererseits in den sozialwissenschaftlich geprägten Strang der Evaluationsforschung gliedern lassen.
Je nach Geisteshaltung und Ausbildung haben die unterschiedlichen Disziplinen Zugangs- und Akzeptanzprobleme.
Diese beiden Ansätze müssen sich nicht ausschließen!
Die Idee der „sozialökonomischen Wirkungsevaluation“ räumt mit dem Gegeneinander der beiden vermeintlich gegensätzlichen Strömungen in der Wirkungsforschung auf:
- auf der einen Seite die strikt betriebswirtschaftliche Betrachtungsweise mit Kennzahlen und wirtschaftlichen Indikatoren
- auf der anderen Seite die sozialwissenschaftlichen Mess- und Analyseverfahren
Erst das Zusammenwirkung der beiden Perspektiven und damit auch die Zusammenarbeit mehrerer Disziplinen bringt den maximalen Erkenntnisgewinn – so die Leitidee dieses Zwei-Perspektiven-Konzepts, das das AutorInnen-Team Kränzl-Nagl/Lehner/Prinz in Ihrem Buch “Sozialökonomische Wirkungsevaluation” vorstellen.
Sie erklären in den ersten beiden Kapiteln, welche Wirkungsmodelle und Methoden der Wirkungsmessung es derzeit gibt und was unter sozialwissenschaftlicher Wirkungsevaluation zu verstehen ist.
5 Fall- und Praxisbeispiele als Ideengeber und Vorlage nutzen
Um diese theoretischen Ausführungen zu verstehen, demonstriert das Fallbeispiel eines Seniorenheims in Kapitel 3, wie diese kennzahlenorientierte Wirkungsperspektive mit der sozialwissenschaftlichen Evaluationsforschung in der Praxis kombiniert werden kann und welcher Mehrwert sich daraus ergibt.
Dass dieses Zwei-Perspektiven-Konzept kein theoretischen Konstrukt ist, zeigen auch die vier Projektbeschreibungen aus unterschiedlichen Feldern der Sozialen Arbeit:
- Jugendliche mit Behinderung für den Arbeitsmarkt qualifizieren
- Psychisch kranken Menschen Beschäftigung bieten
- Wohnraum für Menschen in Lebenskrisen schaffen
- Integration von Flüchtlingen unterstützen
Renate Kränzl-Nagl, Markus Lehner, Thomas Prinz
Sozialökonomische Wirkungsevaluation in der Sozialwirtschaft
Erscheinungstermin: September 2019