Erstmals wurden die Bedingungen, um Gewinnaufschläge im Pflegesatzverfahren durchsetzen zu können, von einem Gericht festgelegt. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hatte dazu am mit Urteil am 6. April 2017 (Az: L 5 P 3/16 KL) entschieden, seit Anfang Oktober liegt die schriftliche Begründung vor.
Gewinnzuschlag (Risikozuschlag) bei der Kalkulation der Pflegesatzvergütungen sowie der Entgelte für Unterkunft und Verpflegung war in der Vergangenheit immer wieder ein streitiges Thema zwischen den Verhandelnden. Zwar äußerte sich das Bundessozialgericht mit Urteil vom 16. Mai 2013 (Az.: B 3 P 2/12 R) dahingehend, dass die Pflegevergütung der Pflegeeinrichtung die Möglichkeit bieten müsse, Gewinne zu erzielen und damit im Einzelfall auch Anspruch auf einen Gewinnzuschlag bestehe. Welcher Gewinnzuschlag konkret angemessen sei, hat das BSG aber nicht vorgezeichnet, sondern dies der Aushandlung der Pflegesatzparteien und im Streitfall der Entscheidung der zuständigen Schiedsstelle überlassen.
Auch der Gesetzgeber hat sich bisher nur dazu geäußert, dass Pflegeheime Anspruch auf eine angemessene Vergütung ihres Unternehmerrisikos haben. Mit dem Dritten Pflegestärkungsgesetz wurde dies (mit Wirkung ab 1. Januar 2017) in § 84 Absatz 2 Satz 4 SGB XI ausdrücklich klargestellt. Wie diese Gewinnchance allerdings zu bemessen ist, hat der Gesetzgeber dabei aber nicht festgelegt. Auch er überlässt bisher die weitere Aushandlung den Vertragspartnern und im Streitfall der Entscheidung der Schiedsstelle im Verfahren nach § 85 Abs. 5 Satz 1 SGB XI.
Nach Ansicht des LSG NRW ist es daher grundsätzlich von den Vertragspartnern hinzunehmen, wenn die Schiedsstelle im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums nach ihrem Ermessen in vertretbarer Weise mit der Festsetzung der Pflegesätze zugleich die Grundlage für die Realisierung von Gewinnaussichten setzt. Dies kann entweder über einen festen umsatzbezogenen Prozentsatz geschehen oder auch über die Auslastungsquote gesteuert werden. Letzteres setzt dann aber voraus, dass die der Entgeltbemessung zugrundegelegte Auslastungsquote im Vergleich mit anderen Einrichtungen im jeweiligen Bezugsraum so realistisch angesetzt ist, dass sie bei ordnungsgemäßer Betriebsführung zu einem angemessenen Unternehmensgewinn führen kann.
Bei der Entscheidung über die Höhe der Pflegesätze und der Entgelte für Unterkunft und Verpflegung unter Berücksichtigung einer angemessenen Gewinnmöglichkeit für das betroffene jeweilige Pflegeheim müssen stets die wirtschaftlichen Verhältnisse der stationären Pflegeeinrichtungen zu Grunde gelegt werden. Um diese festzustellen
- müssen die Kostenstrukturen der jeweiligen Pflegeeinrichtungen ermittelt werden und
- festgestellt werden, welchen allgemeinen unternehmerischen Risiken die Pflegeheime ausgesetzt sind.
Das Ausmaß der bestehenden Risiken ist zu bewerten. Dabei wird – so das LSG NRW – im Grundsatz davon auszugehen sein, dass eine Relation zwischen den bestehenden Risiken und den Gewinnmöglichkeiten herzustellen ist, die den Einrichtungen dann als “angemessen” einzuräumen sind.